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Willkommen

Der Heimat- und Geschichtsverein Amalia van Solms heißt Sie herzlich willkommen auf der Website des Projekts ?WO I in onze grensregio. Vergeten? Opgehelderd! Der Erste Weltkrieg in unserer Grenzregion. Vergessen? Aufgeklärt!“ Im Hauptmenü finden Sie unter den Rubriken „Routen“, „Kurs “ und „Buch“ eine ausführliche Übersicht über das gesamte Projekt.
Willkommen

Mit vielem Dank an Angelika und Otto Rick

Fliederweg 1

41844 Wegberg

Deutschland

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www.rick-nld.de   

©rick-nld MMXIII

 

Unser Wissen um den Ersten Weltkrieg beschränkt sich meist darauf, wie grausam die Deutschen Belgien angegriffen und besetzt haben. Ein aussichtsloser Grabenkrieg im westlichen Zipfel unseres Landes. Die Besatzungsgeschichte Belgiens ist weniger bekannt. Und wie sich die niederländische Neutralität vor hundert Jahren auf das Leben entlang der belgisch-niederländischen Grenze auswirkte, scheint völlig vergessen.

 

Man denke nur einmal an den gigantischen Flüchtlingsstrom in Richtung der Niederlande und die Errichtung eines Elektrozaunes quer durch das Land, wo heute Deutsche regelmäßig auf dem Weg an die See sind, um Wochenende oder Urlaub an der Küste zu verbringen. Der „Eiserne Vorhang“ sollte es den Belgiern unmöglich machen, von Flandern (dem Teil Belgiens, in dem Niederländisch gesprochen wird), in die Niederlande zu kommen.

Zwischen 1830 und 1839 war aus dem Vereinigten Königreich der Niederlande (de Lage Landen) das Königreich der Niederlande und das Königreich Belgien geworden.

 

Ein Dreiviertel-Jahrhundert später konnten die Deutschen die belgische Enklaven von Baarle-Hertog nicht besetzen. Briefverkehr passierte illegal das Postamt von Baarle-Hertog. Und in den Enklaven entstanden die Stationen des Militärsenders MN7. Beiderseits der Grenze entwickelten sich die Preise sehr unterschiedlich, was natürlich zu Schmuggel führte. Auch Tausende von Rekruten der belgischen Armee, Spione und deutsche Deserteure versuchten, die Grenzsperren zu überwinden. Der „Draht des Todes“ (Dodendraad) forderte Hunderte von Menschenleben.

 

 

Das Projekt Erster Weltkrieg

Das Projekt “WO I in onze grensregio. Vergeten? Opgehelderd!” – „Erster Weltkrieg in unserer Grenzregion. Vergessen? Aufgeklärt!“ beschäftigt sich mit der Grenzgeschichte zwischen dem Dreiländereck und der Nordseeküste. Es möchte Einheimischen und Gästen ein Bild vermitteln, wie das Leben entlang der Sperranlagen war, welche die Deutschen während des Ersten Weltkrieges zwischen dem Süden der Niederlande und dem Norden Belgiens errichteten. Vom Dreiländereck bei Aachen bis an die Küste verlief ein Zaun, dessen Drähte die deutschen Besatzer unter Strom setzten.

Ein Jahrhundert später läuft jetzt die Aufarbeitung dieser gemeinsamen Geschichte an: Öffentlichkeitsarbeit mit Rad- und Wanderwegen durch die Region, Schulungen, Vorträgen, einem Buch und dieser Website.

           

Mit dem Fahrrad auf Entdeckungsreise

Die „Dodendraadroute“ – „Route entlang des Eisernen Vorhangs“ – ist eine interaktive, erholsame Radroute, die über 37 Kilometer mit Knotenpunkten durch das belgisch-niederländische Grenzgebiet führt: Baarle-Hertog, Baarle-Nassau, Ravels, Merksplas und Hoogstraten. Vierzehn illustrierte Informationstafeln erwarten den Radler auf seinem Weg. Elf Sprech-Säulen (QR-Code) erzählen ihm, was vor einem Jahrhundert geschah. Entlang des Parcours wird die Demarkationslinie stellenweise rekonstruiert. Ab Anfang 2014 soll alles fertig sein: Rekonstruktionen des Elektrozaunes, eine Schaltstation, Wachhäuser und Faltpläne zum Ausdrucken der Route im Internet.

 

Zu Fuß auf Kriegspfad

Zwei ausgeschilderte Wanderungen mit je vier Kilometern nutzen die Infrastruktur der „Dodendraadroute“. Im Zentrum von Baarle führt dieser Wanderweg vorbei an vier Informationstafeln, dem früheren Gemeindehaus von Baarle-Hertog, dem früheren Postamt, den Sendestationen des Militärsenders und anderen Orten, die an den Ersten Weltkrieg erinnern. In Zondereigen (Baarle-Hertog) führt der Weg vorbei an zwei Stellen, wo der Eiserne Vorhang und das Schalthaus rekonstruiert wurden. Anfang 2014 sind beide Wanderrouten fertig und die Faltblätter auf dieser Seite abrufbar.

 

Hochspannung an der belgisch-niederländischen Grenze (Kurs)

„Hoogspanning aan de Belgisch-Nederlandse grens“ ist der Titel einer Vortragsreihe. Im Oktober und November 2013 unterrichten Historiker und Heimatkundler Menschen, die Zeitgenossen durch die Region führen, Lehrkräfte und jeden, der sich für das Thema interessiert.

 

Hochspannung an der belgisch-niederländischen Grenze (Buch)

„Hoogspanning aan de Belgisch-Nederlandse grens“ ist auch der Titel eines Buches, das 17 renommierte Autoren verfassten. Das Buch dient zum einen als Grundlage für den Kurs und wird darüber hinaus ab 13. Oktober frei verkauft. Vorbestellung ab sofort. Unter der Rubrik: Boek, ‘Intekenen boek’ finden Sie ein Formular, mit dem Sie das Buch bestellen können.

 

 

Der ‘Eiserne Vorhang’ in zwanzig Fragen

1. Was war ‘de dodendraad’?

Der Eiserne Vorhang war ein Elektrozaun und versperrte die belgisch-niederländische Grenze während des Ersten Weltkrieges. Er war die Grenze zwischen Krieg und Frieden. Der Vorläufer des Eisernen Vorhangs, der während des Kalten Krieges den Ostblock vom Westen Europas trennte, war weder banale Improvisation noch ein Experiment. Er diente als Waffe, war militär-wissenschaftlich und im Felde erprobt.

 

2. Wo stand der Eiserne Vorhang?

Der Eiserne Vorhang reichte von Vaals bei Aachen bis zur Flussmündung des Zwin in die Nordsee. Er stand auf belgischem Boden, folgte der Grenze aber nicht immer genau. Die Grenze zwischen Knokke und dem Dreiländereck ist fast 450 Kilometer lang. Um die Strecke etwas abzukürzen, kamen große Teile Belgiens nördlich des tödlichen Drahtzauns zu liegen. Dafür verwandte man gern den Begriff ‘Niemandsland’, was aber so nicht stimmte. Denn wenn das Gebiet bewohnt war, besetzten es die Deutschen. Die Bewohner saßen dann eingesperrt zwischen dem Eisernen Vorhang und der Reichsgrenze zu den Niederlanden. Die niederländischen Streitkräfte sicherte die Grenze mit Stacheldraht.

Schöne Beispiele dafür sind die drei ‘Buckel’ im Norden der Antwerpense Kempen (Essen, Nieuwmoer und Wildert; Meerl, Meerle, Meersel-Dreef und ein Teil von Minderhout; Poppel, Weelde und Ravels.) Die Bewachung der 54 Kilometer langen Grenze mit Baarle-Nassau wurde durch die Platzierung des ‘Dodendraad’ auf 15,5 Kilometer verkürzt.

 

3. Wann wurde der Eiserne Vorhang errichtet?

In den Monaten April und Mai 1915 begannen die Arbeiten. Die Absperrung wurde nicht von Ost nach West oder umgekehrt errichtet. An verschiedenen Stellen begann man mit einzelnen Abschnitten. Manche waren im Juni oder Juli 1915 restlos fertig (u.a. der Abschnitt zwischen Minderhout und Arendonk, bei Maldegem, Boekhoute, Prosperpolder und Neerpelt). Andere folgten erst im August 1915. In Geistingen und Ophoven wurde der Absperrzaun erst Mitte 1916 errichtet. In Zondereigen (Baarle-Hertog) wurden die ersten Pfosten, Draht usw. erst Anfang Juli 1915 geliefert. Am 24. Juli 1915 wurde der Zaun unter Strom gesetzt.

 

4. Wer ließ den Eisernen Vorhang errichten?

Der elektrische Sperrzaun wurde im Auftrag der deutschen Besatzungsarmee errichtet. Zunächst wurde ein Trajekt festgelegt und anschließend entwaldet. Danach wurden deutsche Pioniere und belgische Arbeitskräfte antransportiert. Einige dieser Belgier hatten noch nie Handarbeit verrichtet. Sie trugen schicke Schuhe und eine abgetragene Jacke über den guten Klamotten. Wenn der deutsche Offizier am Abend den Tageslohn auszahlen wollte, blieb er auf der Hälfte des Geldes sitzen. Ein Großteil seiner Freiwilligen war in die Niederlande geflüchtet.

 

5. Wie sah der ‘Dodendraad’ aus?

Nachdem ein Trajekt bestimmt war, wurden Pfähle in den Boden geschlagen. Daran wurden auf belgischer Seite Isolatoren aus Porzellan montiert, an denen die Stromkabel fixiert wurden. Meist bestand solch ein Zaun aus fünf oder sechs Drähten. Hoch darüber befanden sich noch zwei Drähte für die Stromversorgung.

Im Prinzip musste glatter Draht mit drei bis vier Millimeter Durchmesser verwendet werden, aber die Arbeiter verfügten nicht über ausreichende Vorräte und verwandten stattdessen oft Stacheldraht. Beiderseits dieses Elektrozauns stand in ungefähr anderthalb bis drei Meter Abstand ein etwas niedrigerer, stromfreier Stacheldrahtzaun zum Schutz von Mensch und Tier.

 

6. Warum wurde diese Absperrung errichtet?

Der Elektrozaun kam, weil es den deutschen Soldaten nicht gelang, die kilometerlange Reichsgrenze hermetisch abzuriegeln. Vielen Leuten gelang es so, die Grenze zu überschreiten: Freiwillige für die belgische Armee, Spione, Überbringer von Geheimpost, Widerständler, Schmuggler und Flüchtlinge. Mit dem Elektrozaun wurde die Absperrung perfektioniert. Bei all dem muss man sich vor Augen halten, dass der Besatzer von Beginn des Krieges an die Hauptzugangswege zu den Niederlanden durch Hindernisse versperrte und die Grenze militärisch bewachte. Durch den Elektrozaun brauchte man dafür weniger Personal.

 

7. Warum haben die Niederlande nie protestiert?

Als neutrales Land waren die Niederlande verpflichtet, ihre Grenzen zu verschließen. Der deutsche Elektrozaun vereinfachte dies.

 

8. Welche Folgen hatte die Errichtung des Zaunes?

Durch die Errichtung der Sperranlagen war der normale Zugang zu den Niederlanden völlig verschlossen. Der Grenzverkehr ging stark zurück. Für die Grenzbewohner war das besonders schmerzhaft. Sie hatten schließlich Verwandte in beiden Ländern. Jeglicher Verkehr in die Niederlande wurde verboten oder nur im Einzelfall unter strenger, deutscher Kontrolle erlaubt. Besuche bei Familie und Freunden ‘auf der anderen Seite’ lagen im Belieben und der Willkür der Ortskommandanten, die nach Möglichkeit nur eine schriftliche – und gebührenpflichtige – Genehmigung erteilten, mit der man das Land für ein paar Stunden oder manchmal zwei Tage verlassen durfte. In diesem Fall mussten Belgier das Land über einen vom Ortskommandanten vorgeschriebenen Übergang verlassen und auf demselben Weg wieder zurückkommen – wo dann natürlich alles peinlich genau kontrolliert und protokolliert wurde. Am besten, man kam nach einem kurzen Krankenbesuch bei einem Angehörigen pünktlich zurück, wenn nicht, wurden Familienmitglieder in Haft genommen und es drohten hohe Bußgelder.

 

9. Welche Folgen hatte der Zaun für die Bauern?

Bauern, deren Äcker und Weiden auf der anderen Seite der Absperrung lagen, manchmal nur wenige hundert Meter von ihrem Hof entfernt, mussten nicht selten einen Kilometer langen Umweg machen, um über einen Übergang ihre Felder erreichen zu können – wenn sie die Genehmigung dazu erhielten. Menschen, die in den Niederlanden arbeiteten, bekamen meist keine Zustimmung, täglich die Grenze zu überschreiten. Sie wurden vor die Wahl gestellt: nicht mehr länger in den Niederlanden zu arbeiten und in Belgien zu bleiben – ohne Einkommen – oder in den Niederlanden bleiben, aber dann mussten sie auch dort bleiben und erhielten nur ein oder zwei Mal im Monat die Erlaubnis, nach Belgien zu kommen. Manche Kinder konnten nicht länger ihre vertraute Schule besuchen, wenn die auf der anderen Seite der Grenze lag: dann eben auf eine andere oder gar nicht mehr zur Schule gehen.

 

10. Wie viele Todesopfer gab es insgesamt?

Die Zahlen über die Toten gehen weit auseinander und reichen von einigen Dutzend bis mindestens fünftausend. Beide Extreme sind unglaubwürdig. Es kommt darauf an, welche Todesfälle gezählt wurden. Nur die, welche der elektrische Schlag traf, oder auch die, die der Absperrung zu nahe gekommen waren und erschossen wurden? Seit Kriegsbeginn oder erst mit der Errichtung des ‘Dodendraad’? Prof. Dr. Alex Vanneste dokumentierte seit Errichtung der Sperranlagen 850 Todesopfer. Sicherlich waren es mehr. Doch nur wenige Fakten blieben erhalten: Belgien war besetzt, die Grenzregion war verbotenes Land und die Presse wurde zensiert. Deutsche Berichte der Bewachungstruppen sind fast vollständig verschwunden.

Die Hälfte der Todesopfer waren Belgier, ein Viertel Deutsche. Die Übrigen waren Niederländer (10%), geflohene russische Kriegsgefangene (10%), Franzosen (4%) und einige Todesopfer anderer Nationalität. Dreiviertel kamen durch den elektrischen Strom um, 20% bei Feuergefechten in unmittelbarer Umgebung der Absperrung. Über die Todesursache der anderen 5% ist nichts Genaueres bekannt. Fast 300 fielen an den limburgischen Grenzen. Limburg war ja auch die Provinz mit dem längsten Abschnitt der Sperranlagen: fast die Hälfte der insgesamt 332 Kilometer. Fast 200 Tote gab es in der Provinz Antwerpen, etwas weniger als 170 in Ost-Flandern und dreißig in West-Flandern. Von fast 80 Todesopfern wissen wir nicht genau, wo sie umgekommen sind. Dies bedeutet, dass über den gesamten Zeitraum im Schnitt 2,4 Menschen je Kilometer den Grenzsperren zum Opfer gefallen sind. Die höchste Todesrate hatten Antwerpen (2,74) und Ost-Flandern (2,67), die niedrigste Limburg (2,1).

 

11. Wie viele Tote gab es bei Baarle-Nassau?

Nahe der Reichsgrenze mit Baarle-Nassau wurden während des Ersten Weltkrieges vierundvierzig Todesopfer gezählt und dokumentiert. Vier kamen vor der Errichtung des ‘Dodendraad’ ums Leben, wurden aber mitgezählt. Bleiben also 40 Todesopfer oder ungefähr 5% aller Toten, die dem Eisernen Vorhang des Ersten Weltkrieges zum Opfer fielen. Statistisch bedeutet dies umgerechnet auf die Gesamtlänge der Absperranlagen, dass im Abschnitt Baarle-Nassau etwa ebenso viele Menschen dem Eisernen Vorhang zum Opfer fielen (2,58 pro Kilometer) wie über die gesamte Strecke von Vaals bis Knokke. Unter den vierzig Toten waren 16 Belgier (40%), dreizehn Deutsche (33%), fünf Niederländer (12%), zwei Franzosen (5%), zwei Engländer (5%) und zwei Russen (5%). Auch hier zeigt die Region nur kleine Abweichungen: unter den Toten waren weniger belgische Staatsbürger (-10%) und Russen (-5%). Dafür fielen mehr Deutsche (+8%), Engländer (+4%), Niederländer (+2%) und Franzosen (+1%). Anzumerken bleibt, dass sich die Quellen bezüglich der Todesursache häufig widersprechen. Wir vermuten, dass fünfundzwanzig Personen dem Strom zum Opfer fielen, vierzehn erschossen wurden, davon neun durch deutsche Soldaten, drei durch belgische und zwei durch niederländische Grenzwachen. Bei einem Todesopfer ist die Todesursache nicht geklärt.

 

12. Wurden die Leute gewarnt?

Für Leute in der Grenzregion war elektrischer Strom etwas Neues. Man kannte die Gefahr nicht. Es ist bekannt, dass sie die Drähte mit der Hand angefasst haben und meist dabei zu Tode kamen. Die Deutschen errichteten Schutzdrähte beiderseits der elektrischen Absperrung. Sie erklärten das Grenzgebiet zur verbotenen Zone und hängten weiße Schilder auf, auf denen in drei Sprachen zu lesen stand: ‘Hochspannung, Lebensgefahr!’ Priester warnten die Gläubigen von der Kanzel. Lehrkräfte taten dasselbe vor ihrer Klasse.

 

13. Wer war das jüngste Todesopfer?

Der niederländische Knabe Peter Wuijts war nur vier Jahre alt, als er am Freitag, 8. September 1916, unweit des Grenzsteins 187 in Bergeijk grausam ums Leben kam, als er beim Spielen versuchte, unter dem Draht hindurch zu kriechen. Seine Familie wohnte nur dreißig Meter vom ‘Draad des doods’ entfernt. Der Vater musste das Ganze mit ansehen. Er ‘sah das Unglück schon kommen, wollte seinem Jungen noch helfen, wurde aber von einigen Leuten daran gehindert. Mit Hilfe eines Stockes, der mit Gummi umwickelt war, wurde das Kind aus dem Draht geholt. Ein Arm war bereits so verkohlt, dass das Händchen zu Boden fiel.’ In Belgien verunglückten die Brüder ‘t Seijen in der Nacht des 4. November 1917 bei Driehoeven in Kalmhout. Carolus war 13, Marcel 10 Jahre alt.

 

14. Wo ereignete sich der schwerste Grenzzwischenfall?

In der Nacht des 25 . August 1917 kam es hinter dem Schloss van Hoogstraten zum tödlichsten Aufeinandertreffen deutscher Grenzbewacher und belgischer Flüchtlinge. Bei einer Schießerei kamen vier Personen ums Leben: Max Skölle (ein 56-jähriger deutscher Soldat), der 16-jährige Charles Farcy aus Molenbeek, sein Bruder Henry und der 37-jährige Antoon Van Den Broeck aus Antwerpen.

 

15. Wie wurde der Eiserne Vorhang bewacht?

Alle fünfzig bis 150 Meter stand ein Wachhäuschen oder patrouillierten ständig Wachposten. Nachts wurde die Anzahl der Grenzposten verdoppelt und es wurde mehr patrouilliert. Deutsche Soldaten erhielten den Befehl, nach Nichtbeachtung einer Aufforderung sofort zu schießen. Nur durften sie dabei nicht in Richtung Niederlande schießen. Die Soldaten gingen von einem Schalthäuschen zum nächsten. Begegneten sich zwei Grenzwachen auf halbem Weg, hieß es kehrtum. Wachwechsel blieben bis zum letzten Moment geheim. Entlang der Absperrungen lagen auch Minen. An manchen Stellen hatten die Grenzwächter große Suchscheinwerfer aufgestellt, um die Umgebung auch bei Nacht im Auge behalten zu können. Tagsüber schwebten Luftballons über der Grenze, um Menschen aufspüren zu können. In den Schalthäuschen stand noch einiges an technischer Ausrüstung, u.a. ein System, mit dem die Grenzbewacher Sabotage feststellen konnten. Im Fall des Falles musste ein Grenzwächter mit dem Fahrrad losfahren, um sich an Ort und Stelle ein Bild zu machen. Anschließend musste er sofort zurückkommen und die Vorgesetzten informieren. Übers Feldtelefon konnten dann die vorgesetzten Dienststellen untereinander in Verbindung treten. Im Winter 1917/1918 wurde die Kommunikation entlang des Eisernen Vorhangs noch verbessert. Die Deutschen installierten in Kalmhout eine Radiostation, mit der man in Nullkommanichts Alarm schlagen konnte. Die Radiostube für den Grenzabschnitt Baarle-Nassau befand sich im Withof zu Minderhout. Auf der anderen Seite der Grenze patrouillierten in großer Zahl niederländische Soldaten. Sie nahmen jeden fest, der sich nicht gesetzestreu verhielt und zögerten nicht, von der Waffe Gebrauch zu machen.

 

16. Unter wieviel Stromspannung standen die Drähte?

Die Stromstärke betrug zweitausend Volt. Ob es den Deutschen immer gelang, den Draht unter tödliche Spannung zu setzen, bleibt zu bezweifeln. Fluchthelfer Jan Vleugels berichtet in seinem Buch „De rakkers der grenzen“ von drei Grenzpassagen, bei denen er Strom gefühlt hatte. Wenn die Drähte nicht unter Spannung standen, war dies für viele eine Ausnahmechance. Die Ursache konnte Sabotage sein. Manchmal stellten die Deutschen selbst den Strom ab, zum Beispiel bei heftigem Unwetter.

 

17. Woher kam der Strom?

In Belgien gab es damals anders als heute noch keine Elektrizitätswerke. Nur ein paar Firmen verfügten über Installationen, Strom für den Eigenbedarf erzeugen zu können. In der Voerstreek und im Süden Limburgs griff man auf ein Transformatorhäuschen in Reutershag (zwischen Vaals und Aachen) zurück, von dem eine direkte Verbindung nach Belgien führte. Für die Zone von Kanne bis Maaseik setzte man auf dieselbe Quelle und daneben auf zwei weitere: die der Schießpulverfabrik von Kaulille und die des Holzsägewerks der Familie Emsens in Lommel-Stevensvennen. Für den Bereich von Maaseik bis Lozen und von Lozen bis Lommel-Stevensvennen verließen sich die Deutschen ebenfalls auf zwei Betrieben in niederländisch Limburg. Der Strom für den Bereich von Lommel-Stevensvennen bis Minderhout kam ebenfalls aus Kaulille und Lommel-Stevensvennen, aber auch aus einem Transformatorhaus bei Kapellen. Im Abschnitt von Minderhout bis zur Schelde kam der Strom aus dem Transformatorhaus von Kapellen. Die genauen Quellen für den Abschnitt westlich der Schelde sind weniger bekannt. Es scheint, dass man sich kleinerer Firmen-Kraftwerke entlang der Grenze zwischen der Provinz Zeeland und Flandern bediente, u.a. eine Unterstation in Zelzate, einer kleinen Fabrik in Moerbeke usw.

Entlang der Grenzsperren baute man Schalthäuser. Dies waren Schalthäuschen, in denen die technische Apparatur untergebracht war und die gleichzeitig als Wachhäuschen für das Wachpersonal genutzt wurden. Von der Schelde bis zum Dreiländereck standen über hundert solcher Schalthäuschen, durchschnittlich im Abstand von anderthalb bis zwei Kilometer. Nach jüngeren Archivuntersuchungen gab es zwischen Knokke und der Schelde nicht systematisch Schalthäuschen: Hier und da stand wohl etwas, was so aussah, doch die Schaltinstallationen waren bescheidener und zahlreicher, zudem untergebracht in kleinen Baracken oder geräumten Wohnhäusern. Das lag u.a. daran, dass die Stromversorgung anders organisiert war und man sich auf kleinere sowie wechselnde Stromerzeuger einstellen musste. Eine Kartenanalyse ergab, das man offenbar Wechselstrom verwendete, spezieller noch: Drehstrom.

 

18. Wie konnte man die Grenzsperren legal passieren?

Im ‘Draht des Todes’ gab es Tore: Durchlässe für Zivilisten und Durchlässe für Militärs. Über die gesamte Grenze hinweg müssen das ungefähr fünfundsiebzig Übergänge gewesen sein: Fünfzig nur fürs Militär, neun nur für Zivilisten und sechzehn mit Doppelfunktion. Diese Übergänge lagen meist an wichtigen Straßen oder Bahngleisen und wurden natürlich streng überwacht. Die Übergänge waren in erster Linie erforderlich, um Zugang zum ‘Niemandsland’ zwischen dem Eisernen Vorhang und der Reichsgrenze zu bekommen. Daneben konnten Bürger im Besitz eines Passierscheins des Ortskommandanten in die Niederlande reisen, auch wenn die Chance nicht groß war. Am 26. Januar 1915 beschloss der Besatzer, keine Passierscheine mehr für belgische Männer zwischen sechzehn und fünfundvierzig Jahren auszuhändigen, weil sie der belgischen Armee beitreten konnten. Schließlich wollten die Deutschen aus strategischen Gründen nicht alle Zugangswege in die Niederlande versperren. Man wusste ja nie, wie sich die Verhältnisse zwischen den Niederlanden und Deutschland oder den Niederlanden und Belgien während des Krieges entwickeln konnten.

 

19. Wie kam man illegal über die Grenzsperren?

Grenzbewohner ließen sich allerlei Techniken einfallen, den ‘Draht des Todes’ zu überwinden. Am Interessantesten war es wohl, deutsche Grenzbeamte zu bestechen. Für wenig Geld sprach man ab, in einem bestimmten Augenblick den Strom für ein Viertelstündchen abzustellen. Viele sind so auf die andere Seite gekommen, aber viele wurden auch von den Grenzwächtern, die sie bestochen hatten, verraten. Daneben konnte man auch versuchen, die Absperrung zu überwinden, zum Beispiel indem man durch ein Abwasserrohr oder einen Kanal tauchte oder unter der Absperrung hindurchkroch. Häufig benutzte man dazu Stöcke mit einem isolierten U-Profil am oberen Ende: damit ließ sich der unterste Draht zehn oder zwanzig Zentimeter hochdrücken, sodass mehr Platz entstand, darunter hindurch zu kriechen. In der Anfangszeit flüchteten auch viele durch die Mergelgrotten bei Kanne und Riemst, die sowohl von belgischer wie niederländischer Seite zugänglich waren. Manche versuchten, mit einer Leiter über die Absperrung zu kommen, was jedoch häufig auch tragisch endete. In der Voerstreek, aber auch an anderen Stellen, sprangen Flüchtlinge nach Hochspringermanier mit einem Stock über den ‘Dodendraad’. Manchmal wurde ein Fass unter den untersten oder zwischen die beiden unteren Drähte geschoben. Aus dem hatte man zuvor beide Böden entfernt, sodass man hindurchkriechen konnte. Manchmal nahm man statt der Tonne auch einen Korb oder eine hölzerne Kiste ohne Boden. Die praktischste Variante war es, eine hölzerne Fahrradfelge zwischen zwei Drähte zu spannen: so entstand eine recht breite Öffnung, durch die selbst Unerfahrene sicher durch den Zaun konnten. Elementar war die Verwendung von Wolldecken: die wickelte man um den Draht und den darüber, so dass man bequem zwischen den Drähten hindurchschlüpfen konnte. Interessanter war die Verwendung von Gummi. Schob man eine Gummimatte von anderthalb Metern unter den untersten Draht, konnten Flüchtlinge sich gut auf die Matte stellen und zwischen den Drähten hindurchsteigen. Dabei konnten sie sich sogar am Draht festhalten, wenn sie nur mit den Füßen auf dem Teppich blieben. Fluchthelfer, die Flüchtlingen oder Spionen über die Grenze halfen, waren darüber hinaus mit Gummihandschuhen und -stiefeln, manchmal sogar mit einem Gummianzug ausgerüstet. Gut geschützt verwendeten sie häufig eine an den Griffen isolierte Kneifzange, mit der sie die Drähte durchschnitten. Trotzdem war diese Technik nicht ungefährlich, löste ein durchtrennter Draht doch bei den Grenzwächtern Alarm aus. Zu guter Letzt gab es auch noch einen ‘Passeursraam’, eine Art Fensterrahmen, mit dem sich der Zaun überwinden ließ.

 

20. Wann wurde die Absperrung abgerissen?

Der ‘Dodendraad’ wurde nach dem Waffenstillstand von der belgischen Obrigkeit als Kriegsbeute betrachtet, war aber offenbar an vielen Stellen bereits verschwunden. In Weelde-Statie (Ravels) wurde der Eiserne Vorhang ein paar Tage vor Kriegesende bereits abgebrochen. Das Material verwendeten die Landarbeiter wieder, um ihre Weiden einzuzäunen. Doch nicht überall wurde der ‘Dodendraad’ so schnell weggeräumt. Bauer Jan van Looveren aus Meer wollte am 12. November 1918, dem Tag nach dem Waffenstillstand, seine Eltern besuchen, die in den Beemden bei Wuustezel wohnten. Bei Gestel in Meer (Hoogstraten) versuchte Jan, zwischen den Drähten hindurch zu schlüpfen. Offenbar in dem Glauben, die Deutschen hätten den Strom abgeschaltet, nahm er den Draht in beide Hände und wurde wahrscheinlich das letzte Todesopfer, auch wenn der Krieg bereits vorbei war!

 

Quellen:

• Prof. Dr. A. Vanneste, ‘Spanning op de rijksgrens van Knokke tot Gemmenich, 1915-1918’ in H. Janssen (ed.), Hoogspanning aan de Belgisch-Nederlandse grens, Baarle-Hertog-Nassau, Heemkundekring Amalia van Solms, 2013; hoofdstuk 12.

• H. Janssen, ‘Dodendraadslachtoffers aan de rijksgrens met Baarle-Nassau’ in JANSSEN H. (ed.), Hoogspanning aan de Belgisch-Nederlandse grens, Baarle-Hertog-Nassau, Heemkundekring Amalia van Solms, 2013; hoofdstuk 15.

 

 

Besondere Grenzorte

 

Baarle-Hertog

Die kleine belgische Gemeinde Baarle-Hertog hatte während des Ersten Weltkrieges eine besondere Anziehungskraft. Ein Großteil ihres Grundgebietes war umgeben von neutralem niederländischen Territorium, was es der deutschen Armee unmöglich machte, die Enklaven zu besetzen.

 

Baarle-Hertog war eine der fünfzig belgischen Gemeinden, die nicht besetzt wurde. Von insgesamt 2630 die einzige an der Grenze zu den Niederlanden. In den Enklaven waren Kontakte möglich, die sich jeder Kontrolle durch die deutschen Besatzer entzogen.

Damals wurde Baarle-Hertog in Turnhout wie folgt beschrieben: “Während alle kempischen Gemeinden verpflichtet sind, das Joch der fremden Eindringlinge zu ertragen, bleibt das nahe gelegene Dorf Baerle-Hertog eine außerordentlich bevorrechtigte Gemeinde. Wie eine kleine belgische Insel, von holländischem Grundgebiet umgeben, … bleibt es unzugänglich für den deutschen Aggressor, weil der Besatzer das Dorf nicht erreichen kann, ohne holländisches Grundgebiet zu betreten. Die belgische Flagge, die dem Belgier jetzt mehr denn je am Herzen liegt, die auf Anordnung der deutschen Obrigkeit von allen Gebäuden verschwunden ist, weht hier noch standhaft auf dem Rathaus und erheitert Hunderte von Flüchtlingen, die noch hier bleiben.” Baarle-Hertog war “ein Dorn im Auge der Deutschen, ein Symbol des nicht besiegten Vaterlandes und ein Flecken auf der deutschen Siegesliste.”

 

Baarle-Hertog war Ziel vieler Briefschmuggler, Fluchthelfer und Spione. Rekruten der belgischen Armee kamen ständig über die Grenze, um über England an die Font hinter der IJzer (Yser) zu kommen. So wurden in Baarle-Hertog zwischen Oktober 1914 und März 1915 gut zweitausend Kriegsfreiwillige registriert. Es gab Versammlungen des belgischen Flüchtlings-Kommitees. Geflüchtete Belgier kamen, um hier ihre Steuern zu entrichten. Briefmarkensammler interessierten sich für belgische Briefmarken, am liebsten mit einem Stempel des örtlichen Postamtes.

 

Geheime Briefpost von der Front und daheim

Die deutsche Armee schloss am 8. Oktober 1914 das Postamt von Turnhout, womit am 27. Oktober 1914 der Postverkehr in Baarle-Hertog zum Erliegen kam. Der Baarler Postmeister Hembrechts starb überdies am 10. Oktober 1914 in Tilburg. Wegen der einzigartigen Lage des belgischen Postamtes (im einzigen, nicht besetzten Dorf an der Grenze zu den Niederlanden) und den Möglichkeiten, die sich hier boten, war eine schnelle Wiedereröffnung angezeigt. Nachdem Minister Helputte Baarle-Hertog Ende Januar 1915 inkognito einen Besuch abgestattet hatte, wurde das Postamt wieder geöffnet. Theoretisch hing es jetzt nur noch von der Empfangsstelle Veuren ab, doch in der Praxis entschied die Regierung in Ste-Adresse, was Sache war. Die Posteingangsstelle Turnhout (C.J. Loos) und der Postbote von Herentals (‘der dicke Eyckens’) waren dort zuständig.

Während der deutschen Besatzung war der Postverkehr in Belgien nur über die Kaiserliche Deutsche Post zugelassen. Um die Moral der belgischen Soldaten zu brechen, wurden alle Briefe an die Front von der deutschen Militär-Zensur kassiert. Es braucht uns also nicht zu wundern, dass die Bevökerung andere Möglichkeiten suchte, um Kontakt zu ihren Verwandten zu halten. Aus einem Brief des ‘Directeur d’Administration van het Beheer van Posterijen’ vom 3. Juli 1916 (mit der Antwort des Empfängers am 11. Juli 1916 auf demselben Blatt) wird die Rolle der belgischen Postämter beim Briefschmuggel aus dem und in das besetzte Belgien überdeutlich. Die darin erwähnten ‘Gehälter und Spesen im besetzten Belgien’ wurden zweifelsfrei an die Briefschmuggler ausbezahlt. Schließlich gab es im besetzten Teil des Landes keine Postämter, die durch Vrij België – dem nicht besetzten Teil Belgiens – finanziert wurden. Alle Postämter waren in Händen der deutschen Obrigkeit.

Das Hauptquartier der belgischen Armee war sich der Gefahr des Briefwechsels zwischen den Soldaten an der Front und ihren Familienmitgliedern im besetzten Belgien bewusst. Mittelsmänner (‘briefbemiddelaars’) konnten zu gewinnsüchtig und so schludrig werden. Oder sie konnten mit dem Feind kollaborieren. In beiden Fällen gerieten Briefe in die Hände der Deutschen. Im besetzten Gebiet konnte man folglich mit Repressalien rechnen. Die Deutschen wussten dann nämlich, wer sich des verbotenen internationalen Postverkehrs schuldig machte. Und Militärgeheimnisse wie Truppentransporte ließen sich herausfinden. Darum durchlief jeder Brief eines belgischen Soldaten die Zensur durch die eigenen Streitkräfte, und die militärische Leitung erstellte eine Liste, wem man als Vermittler oder Mittelsmann vertrauen konnte.

 

Die wichtigsten anerkannten Vermittlungsorganisationen und -personen hatten ihr Hauptbüro in Baarle-Hertog: Werk Soldatengroet, Officiële Inlichtingendienst van het Belgisch Comité, Union Belge, Post der Geallieerden, Henri Hostie, Mr. et Mme. Van Hal sowie der ehrwürdige Pater Vullings. Das Werk Soldatengroet (Oeuvre du Mot du Soldat) war das mit Abstand bekannteste Netzwerk der Zwischenpersonen und wurde auf Wunsch König Albert I. eingerichtet. Es war katholisch orientiert und sehr gut strukturiert. Das landesweite Netzwerk besorgte den Versand tausender Mitteilungen pro Woche in Form nummerierter Zettelchen, die von und an belgische Frontsoldaten einen weiten Weg zurücklegten. Über Calais, Folkestone, London, Vlissingen und Den Haag ging alle Post nach Baarle-Hertog. Dann gingen die illegalen Briefe nach Brüssel, dem zentralen Verteilerpunkt in Belgien, um anschließend ihr Ziel zu erreichen.

 

Belgischer MN7 (1915-1919)

Am 14. März 1915 kamen zwei vornehme Herren in geheimer Mission nach Baarle-Hertog: Leon de Paeuw (Kabinettschef des belgischen Kriegsministers Charles de Broqueville) und Paul Goldschmidt (Fähnrich der belgischen Streitkräfte). Die beiden hatten den Auftrag, eine drahtlose Abhör- und Sendestation für die belgischen Streitkräfte zu errichten: ‘MN7’. Ein paar Tage später trafen in Zweier-Gruppen Monteure ein. Alle kannten weder Ziel noch Auftrag.

 

Heimlich wurde in den nächsten Monaten die komplette Sendeinstallation in die Enklaven geschmuggelt. Kleingerät traf unter Gemüse versteckt auf Hundekarren ein, wichtige Einzelteile wurden im Diplomatenkoffer aus England angeliefert. Größere Gegenstände wurden im Wagen des Bürgermeisters transportiert. Seine Töchter mussten den niederländischen Grenzsoldaten schöne Augen machen. Die konnten den Blicken der Mädchen nicht widerstehen. Große Mengen Steinkohle kamen mit dem Zug. Keinem fiel etwas auf. Frauen, (“je dicker und älter, umso besser”) erwiesen sich als die besten Schmuggler. Sie versteckten Benzinfässer unter ihren Kleidern (“was angesichts ihres natürlichen Äußeren kaum auffiel”). Zinkplatten machten höllischen Lärm. Was die Grenzer nicht störte. In aller Ruhe genossen sie ihre Mittagspause. Von Zaandam wurden vierzig Schiffsmasten eingeführt, jeder gut 18 Meter lang. Niederländische Soldaten, Grenzpolizei und Zöllner standen dabei und sahen zu. Keiner stellte Fragen. Zig Leuten gelang es, die MN7-Pläne über ein halbes Jahr lang geheim zu halten!

 

Auf Bitte der französischen Streitkräfte wurde mit einem Kilometer Abstand auch eine Messstation errichtet, um Interferenzen mit MN7 vorzubeugen. Diese zweite drahtlose Station war telegrafisch verbunden mit der Hauptstation, dem Haus des Bürgermeisters (in dem der Chef des Dienstes logierte) sowie dem Amt für Post und Telegrafie von Baarle-Hertog. Notfalls konnte man auf diesem Weg ein Telegramm sicher an den belgischen Konsul in Den Haag schicken. Diese Verbindung verlief vollständig über belgisches Gebiet. Im Januar 1916 versuchten niederländische Soldaten zweimal, Berichte abzufangen.

 

Beim Zustandekommen von MN7 war Baarle-Herzogs Bürgermeister Henri van Gilse Dreh- und Angelpunkt. Er war Eigentümer der Grundstücke für den Goniometer sowie die Sende- und Abhörstation. Zudem konnte man durch seinen Garten bequem von der einen Stelle zur anderen: man blieb immer auf belgischem Grundgebiet.

 

Die Baracken für MN7 entstanden unter der Maske eines ‘Flüchtlingslagers für Belgier, die in den Niederlanden nicht länger wilkommen waren’. Die Sendemasten wurden erst aufgestellt, als alle Einzelteile eingetroffen waren. Dann ließ man die Katze aus dem Sack. In den Niederlanden war man sich damals noch keiner Schuld bewusst. Niederländische Soldaten halfen sogar beim Aufrichten der Maste. Der größte stand in der Mitte und war vierzig Meter hoch. An jeder Ecke stand ein kleinerer Mast. Die Eckmasten waren durch Kabel mit dem Hauptmast verbunden. Die Schuppen und das Sendegebäude standen hinter den Wohnbaracken.

 

Am 17. Oktober 1915 war die Sendestation fertig und wurde wie ein Schiff mit Champagner von der ältesten Tochter des Bürgermeisters getauft. Die Bewachung übernahmen Reichspolizisten mit Bluthunden. Um Angst zu verbreiten, streute man das Gerücht, auf dem Gelände der Sendestation habe man eine Grube gegraben, in der Spione eingesperrt und schlecht behandelt werden.

 

Nach Inbetriebnahme des Senders kamen deutsche Beschwerden. Wollten sie ihre Neutralität nicht gefährden, mussten die Niederlande dafür sorgen, dass keine militärischen Güter eingeschmuggelt wurden, die für die militärische Radiostation bestimmt waren. An drei Ecken der Sendestation stand darum eine niederländische Schildwache. Tag und Nacht, über mehr als drei Jahre hinweg. Die niederländischen Streitkräfte errichteten auch einen drei Meter hohen Maschendraht, obenauf Stacheldraht, rundum die Hauptenklave. Die Arbeiten waren Mitte Februar 1916 abgeschlossen.

 

Jedoch blieb ständig die Gefahr, dass die Deutschen eingriffen und sich Zugang zu MN7 verschafften. Die Tatsache, dass die Sendestation an drei Seiten an die Niederlande grenzte, verhinderte ein deutsches Bombardement. Die Gefahr war schließlich zu groß, auch niederländisches Gebiet zu treffen. Die Wohnbaracken waren ein zweiter Grund, die Anlage nicht zu bombardieren. Praktisch dienten die Mitarbeiter der Operation und ihre Familien den belgischen Streitkräften als lebender Schutzschild. Man musste wohl immer damit rechnen, dass die Deutschen MN7 mit einem gepanzerten Zug stürmen könnten.

 

Während des Krieges spielte MN7 eine wichtige Rolle. Spionageberichte wurden nach Frankreich und England versandt, deutsche Berichte abgefangen und deutsche Sender gestört. Bewegungen deutscher Zeppeline und U-Boote wurden registriert und gemeldet. Zweifellos wurden so viele Menschenleben gerettet. Bomben aus Zeppelinen und Torpedos aus U-Booten waren gefürchtete Waffen.

 

Der Eiserne Vorhang in Baarle-Hertog

Die Enklaven von Baarle-Hertog blieben frei. Zondereigen jedoch, ein Dorf, das zu Baarle-Hertog gehörte, grenzte im Süden an Belgien und wurde am 3. November 1914 als letzte Gemeinde in Belgien von den deutschen Streitkräften besetzt. Nach Errichtung des Eisernen Vorhangs Mitte 1915 lag Zondereigen südlich der Absperrung. Die Gemeinschaft war völlig abgeschnitten vom ‘Mutterdorf’. Im Hause eines der drei Schöffen (Dezernenten) richtete man ersatzweise das Standesamt ein.

 

Viele Geschichten über oft dramatische Ereignisse blieben erhalten. Dabei denken wir an die Familie Charel Huybrechts. Sein Haus in Gel wurde durch den ‘Todesdraht’ komplett vom Rest Zondereigens abgeschnitten. Die Kinder Huybrechts konnten nicht mit den Nachbarskindern spielen und auch die Schule in Zondereigen war für sie nicht mehr erreichbar. Wir denken auch an Jaak Verstraelen, der am Wittekeiweg von hinten erschossen wurde, zu allem Überfluss von einem deutschen Grenzwächter, der bei ihm einquartiert war. Und an den dramatischen Tod der Schwestern Sjoke und Toke Verheyen aus Castelré, die vom elektrischen Schlag tödlich getroffen wurden, als sie am Eisernen Vorhang miteinander sprachen. Am 11. November standen alle Kinder vor dem Haus der Familie Gel, erstaunt, dass der Krieg vorbei war und sie wieder mit den Nachbarkindern spielen konnten.

 

Moershoofde B, Moershoofd NL

Die Nachbarschaft Moershoofde (B) oder Moershoofd (NL) liegt an der belgisch-niederländischen Grenze zwischen Eede in der niederländischen Gemeinde Sluis und der belgischen Gemeinde Sint-Laureins.

 

Im Ersten Weltkrieg erhielten die Einwohner des belgischen Moershoofde von den Deutschen einen besonderen Status, weil Moershoofde, ein kleines Stückchen Belgien, zwischen dem Leopoldkanal (südlich von Moershoofde) und der niederländischen Grenze (nördlich davon) liegt. Der Eiserne Vorhang stand direkt auf der Grenze. Die Einwohner des Viertels mit drei Dutzend Wohnungen konnten wegen der Sperranlagen nicht in die Niederlande. Ebensowenig kamen sie in das Dorf von Sint-Laureins südlich des Kanals, weil die meisten Brücken über den Kanal gesprengt worden waren und der Kanal von den deutschen Truppen überdies streng bewacht wurde.

 

Nach vielen Verhandlungen und unter der Voraussetzung, dass sie die Kosten selbst übernahmen, gelang es den Einwohnern von Moershoofde, die Absperranlagen von der Grenze zum Leopoldkanal zu verlegen. Dafür mussten herrliche Bäume entlang des Kanals gefällt werden. Moershoofde kam anschließend in einem schmalen Steifen Niemandsland hinter dem Zaun zu liegen. Obwohl das Gebiet besetzt blieb, ließen die Deutschen die Bevölkerung in Ruhe. Die Bewohner gingen in den Niederlanden einkaufen, sie gingen dort zur Kirche, die Kinder in den Niederlanden zur Schule usw. Seit dieser Zeit nennt man den kleinen Streifen zwischen der Grenze und dem Kanal ‘Klein Belgien’. Auch bei Oosthoek, einer anderen Honschaft des belgischen Sint-Laureins, wurde der Zaun auf Bitte der Bewohner an den Kanal verlegt. Dafür hatten sie 4.000 Mark an die deutsche Obrigkeit bezahlt. Fortan konnten sie wieder das Land bewirtschaften, das jenseits der Grenze (in den Niederlanden) lag.

 

Overslag (B/NL)

In Overslag verläuft die belgisch-niederländische Grenze quer durchs Dorf. Das belgische Overslag, in dem sich die Pfarrkirche befindet, gehört zur Gemeinde Wachtebeke.

Der niederländische Teil von Overslag wurde bei der Kommunalreform 2003 der Gemeinde Terneuzen zugeschlagen. Das Grenzdorf in der niederländischen Provinz Zeeland zählte 2009 nur 249 Einwohner.

 

Im belgischen Teil von Overslag lag nach Errichtung des Eisernen Vorhangs eine Häuserzeile hinter dem Elektrozaun. Dies hatte zur Folge, dass die Deutschen die Menschen, die hier wohnten, nicht mit dem Lebensnotwendigen versorgten, während die Niederländer keine Lebensmittel auf belgischen Boden schaffen durften. Schmuggeln war der einzige Ausweg!

 

Anfang 1916 mussten die Bewohner der Häuser auf der Straßenseite vor dem Elektrozaun Haustüren und Fensterläden verschließen, um so jeglichen Kontakt mit belgischen und niederländischen Dorfgenossen auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs unmöglich zu machen. (Het Centrum, 19. Januar 1916)

 

Im September 1916 wurde eine zweite Grenzsperre errichtet. Alle Einwohner, die zwischen beiden Zäunen wohnten, erhielten den Befehl, ihre Wohnung zu verlassen.

 

Koewacht (B/NL)

Koewacht ist eine sogenannte Zwillingsgemeinde. Als Belgien aus dem Vereinigten Königreich der Niederlande 1830 austrat, wurde auch Koewacht in einen belgischen und einen niederländischen Teil gespalten. Belgisch Koewacht und niederländisch Koewacht bilden zusammen eine geschlossene Dorfgemeinschaft, verteilt über zwei Länder und drei Gemeinden. Der größte Teil gehört zur Gemeinde Terneuzen in der niederländischen Provinz Zeeland. Der Rest des Dorfes verteilt sich auf die belgischen Gemeinden Moerbeke und Stekene. 2011 hatte Koewacht 4.233 Einwohner.

 

Am 2. Juli 1915 näherte sich die deutsche Wehrmacht beim Bau der Grenzanlagen der bebauten Ortschaft von Koewacht. Einige Einwohner belgisch Koewachts hatten gehofft, dass von der Grenzlinie abgewichen wurde, weil nicht genügend Platz war, eine solche Absperrung zu errichten. In diesem Fall kämen ihre Häuser hinter dem Draht zu liegen. Die Deutschen ließen sich aber etwas einfallen. Sie legten die Sperranlagen mitten durch eine Scheune, sägten Obstbäume ab, die im Weg standen, brachen Mauern ab, … Was im Weg stand, wurde entfernt. Auf dem Feld mussten Weizen, Roggen und Kartoffeln viel zu früh geerntet werden.

 

In diesen Tagen war Koewacht noch eine grenzüberschreitende Pfarrgemeinde. Die Kirche und das Pfarrhaus kamen 1915 südlich des Eisernen Vorhangs zu liegen, was den Einwohnern im Norden Schwierigkeiten bereitete. Die dortigen Kirchgänger, vor allem die niederländischen Einwohner Koewachts, konnten schließlich die Gottesdienste nicht mehr besuchen, obwohl die Kirche vollständig in niederländischem Besitz war. Die Frage führte wiederholt zu Gesprächen zwischen Niederländern und Vertretern der deutschen Wehrmacht. Die niederländische Bevölkerung von Koewacht musste die Möglichkeit haben, wie es bis dahin üblich war, einmal in der Woche (am Sonntag) zur Kirche zu gehen. Doch um Gottesdienst zu feiern, musste auch ein Geistlicher dabei sein. Darum wurde das Pfarrhaus von den Deutschen freigegeben. Dazu wurde in diesem Abschnitt die Absperrung verändert.

Die Deutschen organisierten anschließend ein eher clowneskes Spektakel. Sonntags wurde die Pforte im ‘Draht des Todes’ geöffnet und die ‘Nördlichen’ konnten zwischen zwei Reihen deutscher Soldaten hindurch bis zur Kirchentür. Die ‘Südlichen’ mussten drinnen bleiben, Fenster und Türen schließen. Sie durften keinen Kontakt mit den ‘Besuchern’ (ihren Dorfgenossen, oft auch Familienmitgliedern und Bekannten) haben! Die Kirchentür wurde geschlossen und nach dem Gottesdienst wieder geöffnet. Dann konnten die Kirchgänger durch das deutsche Spalier wieder zu ihren Häusern zurückgehen. Nach einigen Monaten wurde diese Prozession abgeschafft; denn auf niederländischer Seite wurde eine Notkirche gebaut. 1926 bekam das niederländische Koewacht eine eigene Pfarrei.

 

Um dieselbe Zeit wurde in Koewacht in einigem Abstand zum ‘Todesdraht’ ein zweiter Draht gespannt, um den Belgiern keine Gelegenheit zu bieten, mit Niederländern zu sprechen. Hier und da wurden dafür Scheunen und Ställe, Hecken und Zäune abgebrochen. Gräben und Senken wurden zugeschüttet. Alle Leute, die an abgelegener Stelle innerhalb des Grenzstreifens wohnten, mussten umziehen. Im Dorf waren dies nur die, die nahe am ‘Todesdraht’ wohnten.

 

Am 31. Mai 1916 berichtete die Zeitung, dass die Deutschen auf allen Wegen und Straßen und vor allen Häusern, die in der Nähe der Grenze standen, einen zwei Meter hohen Sichtschutz aufstellten. Der bestand aus geflochtenem Roggenstroh, sehr ordentlich verarbeitet und so dicht wie ein Stuhlsitz, sodass niemand hindurchsehen konnte. Dadurch wurden die Belgier daran gehindert, von weitem ihren Blutsverwandten, Freunden und Bekannten auf der anderen Seite der Grenze einen Blick zuzuwerfen oder ihnen mit der Hand zu winken.

 

Die Belgier durften sich der Grenze nicht näher als zweihundert Meter nähern. Wer innerhalb dieser 200-Meter-Zone wohnte, durfte sich darin frei bewegen. Wenn sie sie aber verließen, mussten sie einen besonderen Pass haben. So brauchte ein Landwirt, der so gerade noch in der Grenzzone wohnte, einen Ausweis, um zu seiner Wasserpumpe zu kommen, die knapp außerhalb der Grenzzone stand.

 

Zum Preis von mehreren hundert Mark, das entsprach dem Vermögen der Bewohner, war es möglich, den Eisernen Vorhang zu versetzen, sodass die Bauernhöfe hinter dem Zaun lagen. Die Leute durften dann in ihrem Haus bleiben.

 

Essen, Hoogstraten und Ravels

Der Eiserne Vorhang wurde manchmal ein Stückchen landeinwärts errichtet, um die Gesamtlänge der zu bewachenden Reichsgrenze zu verkürzen. So entstanden hier und da Stücke Niemandsland zwischen dem Todesdraht und der niederländischen Grenze. Das war u.a. im Norden der Provinz Antwerpen der Fall, wo drei Erhebungen zwischen dem Eisernen Vorhang und der Grenze eingeschlossen waren. Im Süden verhinderte der Sperrzaun jeglichen Durchgang. In alle anderen Richtungen stieß man auf die niederländische Grenze, die mit Stacheldraht versperrt war und von bewaffneten Militärs streng bewacht wurde.

Für die Bewohner der Dörfer Wildert, Essen, Nieuwmoer, Minderhout, Meer, Meerle, Meersel-Dreef, Weelde, Poppel und Ravels war das ein Drama: Familien wurden getrennt, Verliebte konnten sich nicht mehr treffen, Händler waren von ihren Kunden abgeschnitten.

Alle deutschen Verordnungen waren in Kraft, auch die Zahlbefehle. Aber durch ein Einfuhrverbot aus Belgien und ein Ausführverbot aus den Niederlanden waren diese Gemeinden völlig auf sich selbst angewiesen. Vor Hunger wurde geschmuggelt. Später beschäftigten sich auch deutsche Soldaten mit Schmuggelhandel und legten große Lebensmittelvorräte in den Magazinen von Regionalbahnen an, u.a in Meersel-Dreef und Ravels. Das deutsche Militär stellte diese Nahrungsmittel flämischen Aktivisten unter Leitung von August Borms zur Verfügung, der hiermit auf stets mehr Anhänger in den Städten rechnen konnte.

 

Minderhout und Castelré

Eine grenzüberschreitende Pfarrgemeinde. Minderhout und Castelré gehören zu unterschiedlichen Bistümern und liegen in unterschiedlichen Ländern. Trotzdem bilden sie seit altersher eine Pfarrgemeinde: die St.-Clemensparochie. Den Pastor ernennt der Bischof von Antwerpen. Der Bischof von Breda verleiht ihm die Vollmacht, pastoral in seinem Bistum tätig zu werden. Kirche und Schule der Pfarrei standen in Minderhout auf belgischem Grundgebiet.

 

Castelré, nicht zu verwechseln mit Kasterlee bei Turnhout, ist eine Siedlung der niederländischen Gemeinde Baarle-Nassau und liegt weniger als eine halbe Stunde vom Dorf Minderhout entfernt. Wegen des großen Abstandes von rund zwölf Kilometern zum Zentrum von Baarle ist es mit diesem belgischen Dorf eng verbunden. Castelré hat eine bizarre Grenzführung, die sich über zwölf Kilometer hinzieht. Die Siedlung reicht so auf merkwürdige Weise bis tief in Belgien herein. Es ist der einzige Ort der Niederlande, der sowohl im Norden, im Westen als auch im Süden an Belgien grenzt. Während des Ersten Weltkrieges hatte Castelré vierhundert Einwohner.

 

Durch das Verschließen der Reichsgrenze waren Schule und Pfarrkirche von Castelré aus unerreichbar geworden. Wenn zu Beginn des Jahres 1915 ein Einwohner von Castelré starb, durfte er nicht zum Begräbnis nach Minderhout überführt werden. Belgische Angehörige erhielten von den Deutschen auch keine Genehmigung, die Reichsgrenze zum Begräbnis (in Baarle-Nassau) zu passieren.

 

Am 27. März 1915 gestatteten die deutschen Grenzposten just an diesem Übergang dennoch eine Begegnung von Kindern in Minderhout und Castelré. Die Tageszeitung von Hoogstraten berichtete über dieses Ereignis wie folgt: “Es wurde erlaubt, dass die Kommunikanten [Kinder, denen man erlaubte miteinander zu sprechen] aus Minderhout in Begleitung des ehrwürdigen Herrn Pastors, der ehrwürdigen Schwestern und des Rektors nach dem Hochamt gegen halb elf auf der Brücke über den Kanal bei Castelré ihre früheren Klassenkameraden treffen durften. Diese Nachricht verbreitete sich wie im Flug. Viele schauten den glücklichen Kindern hinterher. Und weil manchmal auch ein Auge zugedrückt wurde, folgten ihnen viele Leute. Es schien, als wolle man, koste es, was es wolle, die Brücke von Castelré zum Einstürzen bringen und die holländische Siedlung mit der Pfarrei wiedervereinigen. Gleichzeitig mit der Gruppe aus Castelré trafen auch die Leute aus Minderhout auf der Brücke ein. Für viele, die ihre Familienmitglieder mitgebracht hatten, war es ein fröhlicher Augenblick, sich durch die Sperren aus Ästen begrüßen zu können. Auch vier Jungen und vier Mädchen aus Castelré waren als Kommunikanten dabei. Und weil man in diesem Jahr darauf verzichtet hatte, sich festlich herauszuputzen, sahen wir mit Verwunderung die Mädchen aus Castelré mit Krönchen und weißen Schleiern. Doch ja, ihr Vaterland erfreut sich immer noch der Freiheit. Wir trauern um die verlorene Freiheit. Schneller als viele es erhofft hatten, wurde dieser Unterhaltung ein Ende gesetzt.”

 

Die Einwohner von Castelré waren genötigt, ihre religiösen Pflichten fortan in Ulicoten oder Baarle-Nassau zu erfüllen, zweieinhalb Stunden entfernt. Zum Glück dauerte das nicht lange. Der belgische Militärseelsorger Leon Baes wurde vom Bischof von Breda zum Priester geweiht und am 6. Februar 1915 zum Not-Pastor von Castelré ernannt. In Castelré las er Monate lang die Messe im Dorfcafé, später in der Notkirche. Solange der Krieg dauerte, blieb E.H. Baes Offizier der belgischen Streitkräfte. Die Regierung in Sainte-Adresse hatte ihn als Kopf eines speziellen Informationsdienstes und Militärseelsorger der belgischen Gendarmerie in Baarle-Hertog angestellt.

 

Castelré bekam auch eine Not-Schule. Die Kirche und die Schule besuchten viele Belgier aus den Ortschaften Bergen und Hal, die zu Minderhout gehören und zwischen dem Todesdraht und der Grenze eingeschlossen waren. Der Unterricht wurde nach belgischem Recht erteilt, also mit katholischem Religionsunterricht, was den Beigeordneten von Baarle-Nassau völlig gegen den Strich ging. Sie drängten die Marechaussee, jeden vorzuladen, der sich in dem verbotenen Grenzgebiet aufhielt. Alle diese Verfahren wurden durch die niederländische Königin kassiert. Überdies stellten die niederländischen Militärbehörden Pässe aus, mit denen die Belgier jeden Tag unbehelligt in die Kirche und die Schule von Castelré kommen konnten.

Schließlich drängten die Beigeordneten von Baarle-Nassau die deutsche Militärführung, den Grenzverkehr für Kirchen- und Schulbesucher zu beenden. Am 30. Juli 1917 wurden alle Familienoberhäupter der Siedlungen Hal und Bergen ins Pass-Amt geladen. Hier wurde ihnen strengstens verboten, weiter nach Castelré. in die Kirche zu gehen oder ihre Kinder dorthin zur Schule zu schicken. Bei Zuwiderhandlung drohten 300 Mark Bußgeld.

 

Nach dem Ersten Weltkrieg ging der Schulstreit weiter. Das Ratskollegium von Baarle-Nassau wollte im Gebäude auf Dauer eine neutrale Schule einrichten. Die katholische Bevölkerung war damit nicht einverstanden und schickte ihre Kinder wieder in die katholische Schule Minderhout. Die Einwohner wurden wegen Verletzung des Schulpflichtgesetzes wiederholt vor Gericht gestellt. Zwei Mal reichten sie eine Petition ein, von den Niederlanden abgetrennt und Belgien zugeschlagen zu werden. Broos Roelen kündigte als Grundeigentümer den Mietvertrag für die neutrale Schule. Danach war die Gemeinde verpflichtet, das Gebäude zu erwerben, abzureißen und anderswo ein neues zu bauen. Weil der Widerstand nicht zu brechen war, auch nicht nach einem Urteil des höchsten Gerichtes, wurde die neutrale Schule 1926 aufgehoben.

 

De Blokken (Baarle-Nassau)

Offensichtliche Verletzung der Neutralität. Die deutsche Wehrmacht sorgte dafür, dass der elektrische Draht ausschließlich auf belgischem Grundgebiet errichtet wurde. Schließlich wollte man Grenzzwischenfälle mit den neutralen Niederlanden vermeiden. Soweit bekannt machten die Deutschen nur einen Fehler, nämlich in De Blokken, dem südlichsten Teil von Baarle-Nassau (NL). Dies ist eine Quasi-Enklave: eine niederländische Ausstülpung, nur über einen niederländischen Landweg mit dem Rest des Landes verbunden.

 

Nach Errichtung des Todesdrahtes durch die deutsche Wehrmacht war De Blokken Mitte 1915 von den Niederlanden aus unerreichbar geworden. Schlimmer noch, der Eiserne Vorhang kreuzte sogar den niederländischen Zugangsweg und befand sich über insgesamt zehn Meter auf niederländischem Grundgebiet!

 

Zunächst wusste niemand davon, es störte auch niemanden. Erst als John Leysen, ein Antwerpener Bankier, Klage einreichte, wurde es plötzlich zu ‘einem Punkt großer, internationaler Bedeutung’. Leysen hielt sich als Flüchtling in Den Haag auf und verlangte freien Zugang zu dem Gebiet, wie es ihm als Jagdpächter zustand. Der niederländische Kommandant riet, den Ball flach zu halten und die Deutschen zu ersuchen, die Sperranlagen schnellstmöglich um De Blokken herum zu verlegen. Zwei Wochen später besuchten zunächst der Oberbefehlshaber der niederländischen Armee und danach der niederländische Kriegsminister die Grenzbrigade in Baarle-Nassau, die bis zu diesem Tag noch nie im Blick der Öffentlichkeit gestanden hatte. Deutsche Soldaten entfernten anschließend nördlich von De Blokken einen Kilometer der Grenzabsperrung und errichteten südlich der niederländischen Ausstülpung über zwei Kilometer den Eisernen Vorhang neu.

 

De Klinge (B) Clinge (NL)

Das belgische Grenzdorf De Klinge in Ost-Flandern bildet mit dem niederländischen Clinge eine geschlossene Ortschaft. Der Todesdraht lief an einer bestimmten Straße wie eine Achse gleich vor den Häusern mitten durch die Straße. Am frühen Morgen standen die Frauen in der Tür, schauten nach links und nach rechts. Mit einem Augenaufschlag war alles gesagt, noch ehe einer Patrouille die Zeit blieb vorbeizukommen. Weil der Elektrozaun auszureichen schien, Schmuggel zu verhindern, beschlossen die Deutschen, eine Zone von achtzig Metern vor dem Zaun zu räumen und zur Sperrzone zu erklären. Menschen, die in dieser Sperrzone wohnten, mussten sehen, dass sie eine andere Bleibe fanden. 1918 wurde die Sperrzone sogar auf zweihundert Meter vor dem Zaun erweitert. Auf diese Art nahmen die Sperranlagen sechzig Hektar Grundgebiet von De Klinge ein, und die Hälfte der Einwohner hatte ihre Häuser räumen müssen.

 

Aus den belgischen Gemeinden der Nachbarschaft kamen nachts wiederholt junge Männer durch den Schlick und das Wasser auf niederländischem Gebiet, weil der Zaun nur soweit in die Schelde reichte, dass er bei Ebbe nicht im Wasser stand.

 

 

Rekonstruktionen

           

Baarle-Hertog (B)

Baarle-Hertog darf sich mit Recht nicht nur Enklave-Gemeinde, sondern auch Todesdraht-Gemeinde nennen. In Zondereigen steht seit 2008 am Weg von der Kirche zum Zentrum von Baarle ein Stück Eiserner Vorhang, das als Friedensdenkmal rekonstruiert wurde: ‘Vredesmonument de Dodendraad’. Viele Schüler und Erwachsene nehmen dort an Führungen Teil. Mitte 2013 wird an der Straße von der Kirche nach Gel und Ghil ein zweites Stück ‘Dodendraad’ mit einem ‘Schalthäuschen’ wiedererrichtet.

 

Vorgeschichte

Das Dodendraad-Projekt in Baarle-Hertog geht zurück auf die Schenkung von Pater Ladislas Segers Tagebuch an den örtlichen Heimat- und Geschichtsverein. Eine Gruppenreise weckte das Interesse für den Ersten Weltkrieg. Schon bald wurde klar, dass sich das Wissen über diesen Krieg vor allem auf das Geschehen an der Front konzentrierte und das alltägliche Leben auf dem platten Land während der Besatzungszeit unter den Tisch fällt. Die Wanderausstellung ‘Den Oorlog Verklaard – ‘Kriegserklärung’ – wurde im Oktober mit Besonderheiten aus der Grenzregion angereichert. Damals wurde auch vorübergehend eine Rekonstruktion des Dodendraad errichtet. Fünfzehn Klassen erhielten eine Führung, und es kamen mehr als dreitausend Besucher.

 

Nach diesem fliegenden Start hieß es erst einmal abwarten bis zum 23. Januar 2007. An diesem Tag kam Professor Vanneste zu einem Vortrag nach Baarle und erzählte, dass noch immer Porzellanscherben von Isolatoren des Todesdrahtes auf den Äckern gefunden wurden. Jedes Frühjahr werden beim Pflügen wieder neue zu Tage gefördert. Der Heimat- und Geschichtsverein Baarle beschäftigte sich zu der Zeit schon ein paar Jahre mit archäologischer Untersuchung der Äcker von Zondereigen. Sechs Tage nach dem Vortrag wurden in der Nähe von De Blokken die ersten Funde eingesammelt. Auf einer geraden Linie und oft quer über die Äcker wurden anschließend an Dutzenden von Stellen große Mengen weißer Porzellanscherben gefunden, immer auf belgischer Seite der Grenze. In aller Ruhe ließ sich das Trajekt des Todesdrahts zwischen Minderhout und Weelde-Statie präzise bestimmen.

 

Friedensdenkmal ‘de Dodendraad’

Dank der Funde entstand im Verlauf des Jahres 2007 die Idee, ein kleines Stück dieser tödlichen Grenzsperre an authentischer Stelle in der Landschaft von Baarle zu rekonstruieren. Im Januar 2008 ging alles plötzlich ganz schnell. Der Heimat- und Geschichtsverein Heemkundekring Amalia van Solms, die Gemeinde Baarle-Hertog und die Grundschule De Vlinder taten sich zusammen und stellten bei der flämischen Regierung einen Projektantrag. Das Ganze gipfelte in dem Aufruf ‘Erbgut des Krieges und Jugend’. Projektanträge konnten gestellt werden, die bildnerisch, erzieherisch und sensibilisierend die Aufmerksamkeit von Kindern und Jugendlichen objektiv für die Kriegsvergangenheit weckten. Wurde der Antrag genehmigt, wurden 80% der Kosten erstattet.

 

Das Dodendraad-Projekt bestand aus zwei Teilen. In der ersten Phase wurde im Verlauf des Septembers 2008 eine möglichst originalgetreue Rekonstruktion der Sperranlagen geschaffen. Diese stand beiderseits der Straße von Zondereigen nach Baarle. Der Grenzübergang erzielte einen beängstigenden Effekt. Die Errichtung des Friendensdenkmals (Phase 1) wurde unter Hinzuziehung von Fotos und Aquarellen minutiös vorbereitet. Daneben besuchte man bestehende Rekonstruktionen und bat Professor Vanneste um Rat. Die eigentliche Rekonstruktion begann im September und war binnen zwei Wochen von Mitarbeitern der Gemeinde erledigt. Eine gut illustrierte Informationstafel vermittelt Besuchern einen Eindruck vom Leben entlang des Eisernen Vorhangs vergangener Tage in Zondereigen.

 

Am Freitag, 12. September 2008, fand die Einweihung statt. Die Medien zeigten großes Interesse. Schulkinder aus Baarle und Zondereigen waren aktiv beteiligt. Das Friedensdenkmal ist Gedenkstätte für gut vierzig Personen, die an der Grenze zu Baarle-Nassau ums Leben kamen. Daneben soll es nachdenklich machen, wie Menschen damals gezwungen wurden, voneinander getrennt zu leben. Genau wie später an der Berliner Mauer und heute an der Mauer zwischen Palästinensern und Juden, dem Draht zwischen Mexico und den Vereinigten Staaten sowie der Ausgliederung der Roma in Tschechien. Zwei Tage nach der Einweihung gab es die erste Führung für Erwachsene. Hunderte nahmen an einer Radtour anlässlich des Open Monumentendag (Tag des Denkmals) teil.

 

In einer zweiten Phase schloss sich für die nächsten beiden Jahre ein pädagogisches Projekt für Grundschulen in Baarle an: die ‘Friedenstage’. Der Eiserne Vorhang von Baarle diente dabei als einzigartiges Anschauungsobjekt. Er machte Schüler aus unserer Grenzregion die Vergangenheit auch im wörtlichen Sinne begreiflich und bot gleichzeitig einen guten Ansatz für einen Tag Friedenserziehung.

 

Zweite Rekonstrution des ‘Dodendraad’

2011 entstand die Idee, anlässlich des 100. Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges 2014 eine dritte Phase des Dodendraad-Projektes zu starten. Sie soll aus einem Buch, einem Kurs, einer Website, zwei Wanderrouten und einer Radroute (‘Dodendraadroute’) mit fünfzehn Informationstafeln, elf eingesprochenen Geschichten sowie Rekonstruktionen zweier Schildwachthäuschen und eines Schalthauses bestehen. Mehr darüber erfahren Sie an anderer Stelle auf dieser Website.

 

Das Schalthaus soll möglichst originalgetreu und komplett rekonstruiert werden. Alles zusammen macht das Schalthaus in Zondereigen ganz einzigartig. Es befindet sich am Weg von der Kirche in Zondereigen nach Gel und Ghil. Der Entwurf liegt in den Händen von Professor Alex Vanneste, für die Ausführung sorgen die Schüler der Abschlussklassen der Abteilung Holz der Berufsschule Vrij Instituut voor Technisch Onderwijs (VITO) in Hoogstraten. Schenkungen von Umicore in Olen und Jan Hamers in Vught machen es möglich, das Schalthaus mit authentischer Elektroinstallation auszustatten. Im Wachlokal wird eine Informationstafel über die Dodendraadroute aufgestellt. Zur Rekonstruktion gehört natürlich auch ein Stückchen ‘Dodendraad’ (Eiserner Vorhang), der mit dem Schalthaus verbunden ist. Hierfür stellte die archäologische Arbeitsgruppe original erhalten gebliebene Isolatoren zur Verfügung, die an Ort und Stelle bei Untersuchungen auf den Ackerflächen gefunden wurden.

 

Reusel (NL)

Am 25. November 2011 wurde von der heimatkundlichen Arbeitsgruppe Reusel eine recht vollständige Rekonstruktion des Dodendraad feierlich eröffnet. Es ist eine imposante Rekonstruktion mit robusten Akazien-Pfosten, richtigen Isolatoren und besonders vielen Drähten geworden. Die dazugehörige Informationstafel, das Wachhäuschen und ein Warnschild sind gut gelungen. Die Konstruktion von Reusel befindet sich an einem Radweg über die ehemals Peelse Heide, etwa 150 Meter von der Grenze zu Postel entfernt und 200 Meter, bevor der Radweg die Gemeindegrenze zu Bladel passiert. Mit dem Auto ist sie über Waldwege erreichbar. Die Rekonstruktion des Dodendraad steht auf niederländischem Gebiet, was sehr merkwürdig ist. Sie befindet sich fünf Kilometer von dem ursprünglichen Standort entfernt. Der Dodendraad befand sich nämlich zwischen Ravels und Dessel gleich nördlich des Kempens Kanal.

 

Kinrooi (B)

In der ehemaligen Gemeinde Hunsel (jetzt Leudal, NL) wurde 2008 eine Reihe von Wanderwegen aufgefrischt. Weil Wandern mehr sein kann als nur körperliche Anstrengung oder Entspannung, beispielsweise auch eine Möglickeit, Wissen zu vermitteln, entstand die Idee, entlang der Wanderwege einige historische oder landschaftliche Elemente zu rekonstruieren. Eines der Elemente, das am meisten in unsere Landschaft eingriff, war zweifellos der ‘Elektrische Draht’ [hier Eiserner Vorhang genannt].

 

In enger Zusammenarbeit mit der belgischen Gemeinde Kinrooi, der niederländischen Gemeinde Leudal, der niederländischen Provinz Limburg, den Eigentümern des Grenzhofes ‘Kempkes’ und der Mitarbeit vieler Menschen aus Belgien und den Niederlanden, die spontan allerlei Material zur Verfügung stellten, war es dem Heimat- und Geschichtsverein Kinrooi möglich, einen Teil des Eisernen Vorhangs an ursprünglicher Stelle zu rekonstruieren. Dies geschah an einer Stelle, wo die Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden nie deutlich war, nämlich am Grenzpfahl 146 beim Schmugglercafé Kempkes, das genau auf der Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden liegt. Der Grenzpfahl befindet sich in der Nähe der Kreuzung Vlasbrei (B)/Uffelsestraat (NL) und des Uffelseweg (B). Am Dienstag, 17. März 2010, wurde die Rekonstruktion der Öffentlichkeit übergeben.

 

Dank der guten Zusammenarbeit wurde in Kinrooi ein Relikt des Krieges zum Denkmal für den Frieden. Die Dramen, die sich damals hier abspielten, sollen nie vergessen werden. In einer beinahe grenzenlosen Welt ist es gut, daran zu erinnern, dass man hier vor 100 Jahren nicht einfach so mal eben von Molenbeersel nach Hunsel spazieren konnte, ohne Gefahr zu laufen, im Elektrozaun vom Schlag getroffen zu werden. Nun ist der Zaun wieder da, die Erinnerungen bleiben. So entstehen Denkmäler mit einer Bedeutung und Grenzen, die verschwinden.

 

Diese Internetseite lädt zum Besuch einer reizvollen Landschaft mit touristischen Rad- und Gehwegen ein. Die Parkplätze sind mit dem Auto gut erreichbar. Auf einem großzügigen Terrain mit einem überdachten Picknickplatz stehen optisch gut gestaltete Informationstafeln, ein Grenzübergang, ein improvisiertes Schildwachthäuschen, ein Warnschild und ein Schalthäuschen (mit einem Zählerbrett mit Schaltern und Sicherungen). Sicher einen Besuch wert! Der Heimat- und Geschichtsverein Kinrooi Geschied- en Heemkundige Kring van Kinrooi machte ausführliche Nachforschungen zur Geschichte des Todesdrahtes und veröffentlichte die Resultate in einer schönen Broschüre. http://www.heemkringkinrooi.net

 

Hamont-Achel (B)

Diese fünfzig Meter lange Rekonstruktion des Dodendraad war die allererste ihrer Art und steht zudem an der richtigen Stelle, beim Grenzpfahl 174 und Knotenpunkt 216 an der Ruiterstraat in Hamont-Achel. Das Denkmal wurde am 6. Mai 2000 feierlich enthüllt. Es liegt mitten im Wald, ist aber gut mit dem Auto zu erreichen. Hinweisschilder weisen den Weg. Am Elektrozaun steht eine überdachte, schlichte Informationstafel.

 

Hamont-Achel lag 1915 hinter den Absperranlagen in einer Art Niemandsland zwischen der Grenze und der Achelse Kluis, weil dem Besatzer um das Trappistenkloster herum zuviel geschmuggelt wurde. Der elektrische Draht folgte sehr genau der Grenze, was zur Folge hatte, dass die neuen Sperranlagen quer durch die Ländereien der Sankt-Benedictus-Abtei verliefen. Die Deutschen zögerten nicht einmal, ein Stück der Abteimauer zu schleifen, um ihren Plan wahr zu machen. Die Abtei wurde durch den Eisernen Vorhang in zwei Teile geteilt. Sieht man sich die Mauer beim Haupteingang an, lassen sich die Spuren im Mauerwerk noch erkennen. Der Dodendraad sah überall anders aus. In Hamont-Achel hatte er sechs Drähte in dreißig Zentimetern Abstand übereinander, die unter Spannung standen. Sie waren an ca. zwei Meter hohen Holzpfählen mit Porzellantöpfchen befestigt. Der Strom kam aus der Schießpulverfabrik im nahegelegenen Kaulille. Die Sperranlagen wurden von meist älteren, manchmal verwundeten deutschen Militärs bewacht.

 

Essen (B)

Im Karrenmuseum (Moerkantsebaan 48, Essen) wurde 2005 eine Rekonstruktion des Dodendraad errichtet. Dabei verwendete man ein korrektes Modell von Porzellan-Isolatoren, ein Geschenk von Frits Duinkerke. Ein Jahr lang besuchte er dafür Trödelmärkte in Belgien. Bei dem Zaun stehen auch ein Schildwachthäuschen in den Farben der niederländischen Flagge und ein Schild, das vor den Gefahren der Elektrizität warnt. www.karrenmuseum.be

 

Manchmal schlagen deutsche und niederländische Grenzwächter in authentischen Uniformen ihr Lager am Dodendraad auf. Zu pädagogischen Zwecken demonstrieren sie das tägliche Leben, die Spezialität dieses Beispiels. Sowohl die Kostüme als auch die Gebrauchsgegenstände wurden möglichst genau angefertigt, sei es mit Materialien, die es immer noch gibt, sei es mit Materialien, die den ursprünglichen möglichst ähnlich sind.

www.nederlandneutraal.nl

 

Edam (NL)

Im Fort bei Edam, nördlich von Amsterdam, wurde ein Raum mit einer Rekonstruktion der elektrischen Sperranlage eingerichtet. Daneben sind einzigartige Fotos von Glasnegativen zu bewundern, die vor einigen Jahren auftauchten. Dies ist eine Dauerausstellung. Fort bij Edam; Oorgat 10, 1135CR Edam.? www.fortbijedam.nl

 

Assenede (B)

In Boekhoute (Gemeinde Assenede, Oost-Vlaanderen) läuft ein Europaprojekt mit pädagogischem Hintergrund über Geschichte und Bedeutung des Dodendraad. Für 2014 planen die Provinz Oost-Vlaanderen, die Gemeinde Assenede, Cultuuroverleg Meetjesland und Erfgoedcel Meetjesland, gemeinsam das Projekt zu realisieren:

- Ein Kunstwerk mit Bezug auf die Bedeutung des Zaunes.

- Die Rekonstruktion eines Schalthauses, das pädagogisch über Geschichte und Bedeutung des Dodendraad aufklären soll.

- Eine optische Rekonstruktion eines Teiles der elektrischen Sperranlagen.

- Ein Schwarzes Brett aus Cortenstahl, darauf ‘In Flanders Fields’, eines der bekanntesten Gedichte über den Ersten Weltkrieg in englicher Sprache, und ein Prosastück als Beitrag der Gemeinde Assenede.

- Publikation eines Kulturführers mit dem Ttitel ‘De dodendraad in Oost-Vlaanderen’ (Beitrag der Provinz Oost-Vlaanderen, Dienst Cultuur).

 

Es gibt noch weitere Orte in der Region, die an den Ersten Weltkrieg erinnern. So kann man zum Beispiel die Hollandstellung und den Schipdonkkanaal besuchen. Die Hollandstellung ist ein wichtiges und sichtbares Überbleibsel des Ersten Weltkrieges. Die deutsche Bunkerlinie von 1917, u.a. in Maldegem, Eeklo, Kaprijke, Assenede und Evergem. Die Bunkerlinie diente dazu, einen möglichen Angriff aus den (neutralen) Niederlanden abzuwehren. Verstreut übers Land sind noch dutzende Bunker erhalten geblieben. Momentan laufen Verfahren der flämischen Verwaltung, Abteilung Reimte en Erfgoed, sie unter Denkmalschutz zu stellen.

Der Schipdonkkanaal war Kulisse heftiger Gefechte.

 

 

Tourismus

 

Tagesprogramm

Der VVV Baarle und Toerisme Merksplas bieten ab 2014 ein Tagesprogramm ‘WO I in de Belgisch-Nederlandse grensregio’ für Gruppen an. Nach einer PowerPoint-Präsentation über den Ersten Weltkrieg in der Grenzregion steht ohne Begleitung eines Führers eine Radtour auf dem Programm. Die Führung übernehmen Wegweiser, die Sie über 38 km zu bemerkenswerten Orten aus der Geschichte des Ersten Weltkrieges begleiten. Die Dodendraadroute führt interaktiv und rekreativ quer durch belgisches wie niederländisches Staatsgebiet: Baarle-Hertog, Baarle-Nassau, Ravels, Merksplas und Hoogstraten.

Fünfzehn Tafeln mit Fotos informieren den Touristen über ebenso viele Themen des Ersten Weltkrieges. Elf Mal stößt man auf Sprechsäulen, an denen man nach Eingabe eines QR-codes elf eingesprochene Geschichten abhören kann. Schüler und Lehrkräfte der Academie voor muziek en woord De Noorderkempen haben sie ausgearbeitet und eingesprochen. Ferner wurden an der Route zwei Schildwachthäuschen und zwei Rekonstruktionen der Grenzsperren, eine davon mit Schalthaus errichtet.

 

In diesem Schalthaus befindet sich eine elektrische Einrichting, rekonstruiert mit alten Schaltbrettern, ein Geschenk der Firma Umicore in Olen und des Sammlers Jan Hamers in Vught. Das Schalthaus und die Schildwachthäuschen stammen aus der Produktion der Holzabteilung von VITO Hoogstraten. Das Modell für das niederländische Häuschen stand damals in Chaam, das deutsche in Essen. Interesse? Nehmen Sie Kontakt auf mit:

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Führung ‘De Dodendraad’

Während des Ersten Weltkrieges wurde Belgien von Deutschland besetzt, die Niederlande blieben neutral. Die belgisch-niederländische Grenze war die Grenze zwischen Krieg und Frieden. Mit einer elektrischen Absperrung von 2.000 Volt riegelten die deutschen Besatzer von Mitte 1915 bis November 1918 die gesamte Reichsgrenze ab, in der Absicht, den verbotenen Grenzverkehr zu unterbinden. Der Zaun erstreckte sich über 316 Kilometer und kostete ebenso viele Menschenleben. 2008 wurde in Zondereigen ein Stück dieser Grenzsperre als Denkmal für den Frieden wiedererrichtet. Der VVV Baarle und Toerisme Merksplas bieten ab 2014 für Gruppen eine einstündige Führung rund um Vredesmonument de Dodendraad an. Interesse? Nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf:

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Führung und PowerPoint

Während des Ersten Weltkrieges besetzten die Deutschen Belgien, die Niederlande blieben neutral. Die belgisch-niederländische Grenze war die Grenze zwischen Krieg und Frieden.

Von Mitte 1915 bis November 1918 sperrten die deutschen Besatzer die gesamte Grenze von Vaals bis Knokke mit einem Zaun ab, dessen Drähte unter 2.000 Volt Spannung standen, was viele Menschen das Leben kostete. 2008 wurde in Zondereigen ein Stück dieser Grenzsperre als Denkmal für den Frieden wiedererrichtet. Der VVV Baarle und Toerisme Merksplas bieten ab 2014 für Gruppen eine einstündige Führung rund um das Vredesmonument de Dodendraad an. Interesse? Nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf:

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Ein halber Tag in Baarle-Zentrum

Der VVV Baarle und Toerisme Merksplas bieten ab 2014 eine Halbtagsveranstaltung unter dem Thema ‘WO I in de Belgisch-Nederlandse grensregio’ an. An die PowerPoint-Präsentation zum Thema ‘WO I in de grensregio’ schließt sich eine Führung durch das Zentrum von Baarle-Hertog-Nassau an. Bei dieser Entdeckungstour über 4,4 km gilt die Aufmerksamkeit den damals nicht besetzt gebliebenen Enklaven, der heimlichen Post und dem belgischen Militärsender MN7 mit seinen Mess-, Sende- und Empfangsanlagen.

Interesse? Schicken Sie uns eine E-Mail:

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Ein halber Tag in Zondereigen

Der VVV Baarle und Toerisme Merksplas bieten ab 2014 eine Halbtagsveranstaltung unter dem Thema ‘WO I in de Belgisch-Nederlandse grensregio’ an. Nach einer PowerPoint-Präsentation zum Thema ‘WO I in de grensregio’ geht es unter Begleitung eines Führers in das Örtchen Zondereigen (Baarle-Hertog). Bei dieser zweistündigen Führung über 3,6 km – Vredeswandeling – erfahren Sie alles über die tödliche Grenzsperre während des Ersten Weltkrieges in dieser Region. Interesse? Nehmen Sie Kontakt zu uns auf:

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